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Aktienrente - oder wie fast jeder Millionär werden könnte

"Die Rente ist sicher!" - Norbert Blüm, seinerzeit Arbeits- und Sozialminister unter Helmut Kohl, prägte 1986 diesen berühmten Spruch. Er meinte damit die gesetzliche Rente, die über ein Umlagesystem funktioniert. Die Arbeitnehmer zahlen ein und die Rentenbezieher erhalten aus diesen Einzahlungen ihre Rente. Doch Norbert Blüm hat nicht Recht behalten. Das Rentenniveau ist seit Ende der 1970er Jahre kontinuierlich abgesunken. Lag es 1977 noch bei knapp 60% des durchschnittlichen Arbeitsentgeltes, konnte über die letzten Jahre keine 50% mehr erreicht werden. Für das Jahr 2035 sagen die Prognostiker ein Rentenniveau von nur noch gut 45% voraus. Gleichzeitig muss die Rentenversicherung mit immer höheren Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt gestützt werden. Schuld daran ist die Demografie: Immer weniger Arbeitnehmer müssen für immer mehr Rentner bezahlen.


Als Alternative oder Ergänzung zur gesetzlichen Rente kommt daher der Vorschlag einer Aktienrente ins Spiel. Simpel gesagt sollen die Arbeitnehmer ihre Sparbeträge in einen Fonds einzahlen, der wiederum in Aktien angelegt wird. Über die Jahre sammelt sich ein Sparvermögen an, von dem die Rentner dann im Alter auskömmlich leben können. Diese sogenannte Kapitaldeckung macht die Rente unabhängig von der demographischen Entwicklung der Bevölkerung.


Die Bundesregierung hat diese Idee in ihrem Koalitionsvertrag aufgenommen. Finanzminister Christian Lindner und Arbeitsminister Hubertus Heil wurden mit der Ausarbeitung der Details beauftragt. Doch aus linken und gewerkschaftlichen Kreisen gab es erheblichen Gegenwind: Zu unsicher! Die Börsen sind schwankende Krisenherde! Man müsse nur den Absturz der Teslaaktie in den letzten Wochen verfolgen! Es sei alles viel zu spekulativ und am Ende reiben sich nur die Börsenhaie die Hände... Das vielgescholtene Projekt von FDP-Finanzminister Christian Lindner steht auf der Kippe. Wenn es überhaupt kommt, dann wahrscheinlich in einer sehr verwässerten Form, die wenig mit der ursprünglichen Idee zu tun hat.


Doch machen wir mal ein Gedankenspiel: Wie wäre es einem durchschnittlichen deutschen Rentner ergangen, der Ende 2022 in Rente ging und 45 Jahre Rentenbeiträge einbezahlt hat, wenn er oder sie alle Rentenbeiträge in einem Aktienfonds angelegt hätte statt in das heute übliche gesetzliche System? Wie arm oder reich wäre dieser Rentner heute? Wie sähe sein Leben in der Rente aus?


Es gibt in Deutschland den schönen Begriff des "Eckrentners". Das ist einer der über seine gesamte Erwerbskarriere ein durchschnittliches Einkommen erzielt und 45 Jahre Rentenbeiträge einbezahlt. Nicht in all diesen Jahren arbeitet die Person übrigens notwendigerweise, da auch bestimmte Nicht-Erwerbszeiten für die Rentenkasse angerechnet werden (z.B. Studium und Kinderzeiten).

Der Einfachheit halber nehmen wir einmal an, dass dieser Eckrentner in den letzten 45 Jahren in einen DAX-Indexfonds einbezahlt hätte. Die Erträge aus diesem Fonds wären steuerfrei geblieben und wären jeweils im Fonds wiederangelegt worden. Am Anfang seines Erwerbslebens 1978 hatte der zukünftige Eckrentner ein Jahresbruttoeinkommen von 13'416 € (umgerechnet, es waren damals natürlich D-Mark). Im letzten Jahr seiner Erwerbskarriere 2022 verdiente er 38'901 €.

Welches Vermögen hätte er am 31. Dezember 2022 sein eigen nennen können? Es wären genau 1'216'309 €. Diese Frau oder dieser Mann wäre mit 65 Jahren zum stolzen Millionär geworden. Ein Vermögen, welches im Ruhestand ein durchaus angenehmes Auskommen bieten sollte, insbesondere wenn der Rentner auch weiterhin zumindest einen Teil seines Vermögens gut anlegen würde. Doch selbst wenn er sich 20 Jahre einfach einen Barbetrag ausbezahlen würde, könnte er jedes Jahr über 60 Tausend € beziehen.



Würden wir im übrigen annehmen, dass dieser glückliche Rentner nicht nur in den DAX investiert hätte, sondern diversifiziert in die weltweiten Aktienmärkte, wäre sein Vermögen noch um einiges höher, da z.B. die hochkapitalisierten US-Märkte noch deutlich höhere Renditen bescherten.

Doch wie sieht die reale, gesetzliche Rente eines solchen Eckrentners heute im Vergleich dazu aus? Sie oder er kann mit einer jährlichen gesetzlichen Rente von 19'452 Euro rechnen. Das sind ziemlich genau 50% seines letzten Jahreseinkommens. Wenn der Aktienrentner sein Vermögen am Beginn der Rente festverzinslich mit 3% anlegt, könnte er allein aus den Zinsen fast die doppelte Summe erzielen - nämlich 36'489 € pro Jahr!


Die Aktienrente schlägt die Staatsrente um Längen. Es ist der fantastische Effekt des Zinseszins in Kombination mit einem sinkenden Schwankungsrisiko, das Aktien über lange Zeiträume (> 20 Jahre) zu einer sehr risikoarmen Anlageformen macht.


Wenn man die Sache ganz nüchtern betrachtet, sollte man die Staatsrente möglichst weitgehend abschaffen und durch ein kapitalbasiertes System ersetzen. Allein für Härtefälle, die z. B. früh in ihrem Arbeitsleben invalide werden, macht dann noch eine Grundsicherung Sinn. Ein Netz für diejenigen, die nicht oder nicht lange genug in ein aktienbasiertes System einzahlen konnten. Das heute vorherrschende Umlagesystem ist eine riesige Wertvernichtungsmaschine, die die deutschen Arbeitnehmer um die wohlverdienten Früchte ihrer Arbeit bringt.


Annahmen der Modellrechnungen:


  1. Durchschnittsentgelte Brutto 1974-2018 Westdeutschland (Quelle Wikipedia)

  2. Rentenbeitragssätze 1974-2018 (Arbeitnehmer und Arbeitgeber). Bei unterjährigen Veränderungen des Satzes wurde für das Jahr ein Durchschnitt berechnet (Quelle Wikipedia)

  3. DAX Entwicklung (Performance Index), Punktestand jeweils Ende des Jahres 1974-2018 (Quelle Wikipedia)

  4. Rentenniveauberecnung Eckrentner (Standardrente) (Quelle Wikipedia)

  5. DAX Indexfonds ist gebührenfrei und Ausschüttungen/Kapitalgewinne steuerfrei

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