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Einige Gedanken und Fragen zum Thema Indexing vs. Stock-Picking

Nachdem ich in meinem letzten Beitrag einige Unterschiede zwischen dem S&P 500 und Berkshire Hathaway diskutiert habe, möchte ich hier ein paar generelle Überlegungen zur Frage des Indexing vs. Stock-Picking machen. Die Finanztheorie hat ja das Thema schon längst ad acta gelegt und es erscheint klar, dass aktive Anlagemanager den Markt nicht schlagen können. Auch die gängigen Finanzanlagebücher, wie z.B. Gerd Kommers “Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs” stossen ins gleiche Horn: Der Markt ist langfristig nicht zu schlagen und daher sind günstige Indexfonds oder ETFs auf die wichtigsten Märkte das beste Vehikel, um sein Geld langfristig anzulegen.

Tatsächlich ist ja auch ein Grossteil der aktiv investierenden Fonds nichts anderes wie versteckte Indexfonds, denn die meisten Fonds investieren häufig “nahe am Markt” oder einfach ausgedrückt: Sie kopieren den entsprechenden Index mit einigen kleinen Abweichungen. Die Amerikaner haben dafür den Ausdruck “closet indexing” geschaffen. In der Regel zeigen solche Fonds die gleiche Performance wie der Index abzüglich ihrer Kostenquote. Sie können den Index also praktisch nie schlagen. Dies ist eine der wesentlichen Erklärungen für die häufig schlechtere Performance von aktiven Fonds.

Für die meisten Privatanleger ist das Index-Modell der richtige Weg. Man investiert sorgenfrei und mit geringer Kostenbelastung. Insbesondere der letzte Punkt macht über viele Jahre einen grossen Unterschied. Denn schon eine jährliche Differenz in der Kostenquote von 1%-Punkt macht über 30 Jahre einen sehr signifikanten Unterschied. 10’000 Euro investiert in einen passiven Indexfonds mit 6% durchschnittlicher Performance und 0.2% Kosten (Nettoperformance also bei 5.8%) ergibt nach 30 Jahren eine Gesamtsumme von 54’271 Euro. Während der gleiche Betrag über 30 Jahre investiert in einen aktiven Fonds mit der selben Performance von 6%, aber einer Kostenquote von 1.2% (Nettoperformance 4.8%) lediglich ein Ergebnis von 40’817 Euro aufweisen würde. Eine Differenz von über 14’000 Euro oder 33% mehr für den kostengünstigen Indexfonds. Man erkennt den schmälernden Effekt von Kostenunterschieden über lange Zeiträume.

Doch es gibt auch noch eine andere Perspektive auf das Indexing, denn langfristig gibt es eine extreme Spannbreite bei der Performance von Aktien. Bei einer Betrachtung der 40 am höchsten kapitalisierten Unternehmen aus DAX und MDAX, die mindestens seit 20 Jahren an der Börse notiert sind, ergibt sich für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1990 eine interessante Auffächerung bei der Performance. Nehmen wir einmal an, dass ein Anleger am 1. Januar 1990 oder am Tag des IPO (sofern die Börsennotierung nach dem 1. 1. 1990 erfolgte), jeweils 1000 Euro auf jeden Wert setzte. Welche Gesamtrendite – also Kursgewinne plus Dividenden plus sonstige Zuflüsse jeweils reinvestiert ohne Berücksichtigung von Steuern) – konnte er am 31.12.2020 erwarten? Ganz vorne liegt die SAP mit 140’571 Euro, gefolgt von Sartorius mit 86’187 Euro und Puma mit 59’412 Euro. Ein Anleger, der sich mit einem Indexzertifikat auf den DAX begnügte, konnte immerhin noch 7’663 € vereinnahmen, was einer Versiebenfachung des ursprünglichen Investments entspricht. Das ist aber Welten entfernt von der Performance etwa der Top-fünf aus der Rangliste, welche die ursprüngliche Summe zwischen 44-mal und über 140-mal vervielfachten. Echte Kapitalvernichter im Keller der Tabelle gibt es dagegen nur zwei: Interessanterweise sind das die beiden wichtigsten Grossbanken Deutschlands, die beide eine negative Wertbilanz aufweisen. Bei der Commerzbank blieben von den ursprünglichen 1000 Euro nur 136 Euro übrig. Alle anderen Werte konnten über 30 Jahre immerhin zumindest eine Minimalrendite erzielen.

Dies ist natürlich eine Ex-Post-Betrachtung. Und zu recht muss man fragen, wie man am Anfang der Investitionsperiode vorhersehen hätte können, welche der Unternehmen erfolgreich und welche weniger erfolgreich werden. Dazu kommen natürlich noch eine grosse Zahl von Unternehmen, die während der Periode die Börse verliessen, aufgekauft wurden oder gar Konkurs gingen. Es gibt daher bei einer solchen ex-post-Betrachtung immer einen gewissen systematischen Fehler. Es fragt sich trotzdem, welche Variablen oder Faktoren bei einem börsennotierten Unternehmen einen Zusammenhang zur langfristigen Performance aufweisen. Und wenn es diese gibt, kann man solche Faktoren auch für Anlageentscheidungen handhabbar machen? Weiterhin ist auch die Frage zu stellen, wie solche Faktoren im Verhältnis zu den bekannten Faktoren von Überrendite stehen (Value, Small-Cap, Momentum etc.) ?

Ich will das an diesem Punkt mal so stehen lassen. Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Leser, der hier eigene Gedanken hat. Gerne einen Kommentar unten oder ein persönliches Feedback an mich.

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