Im Podcast Capital Allocators vom 17. Juli 2023 stellt Seth Klarman von der Baupost Group die Hypothese auf, dass Aktien die einen Blue-Chip-Index verlassen, danach häufig eine bessere Performance als der Index zeigen. Der Grund dafür sei, dass ihr Preis zwar mit dem Ausscheiden aus dem Index kurzfristig gedrückt wird (viele Fonds müssen verkaufen). Danach gehen sie durch eine Phase der Unterbewertung und Unterbeobachtung, um dann langfristig wieder zu gewinnen und eine überproportionale Performance zu zeigen. Daher sei es eine seiner Strategien, auf diese von einem Index ausgeschlossenen Aktien zu setzen. Nun muss man wissen, dass Seth Klarman nicht irgendwer ist, sondern ein altgedientes Schlachtross des Value-Investing, auf dessen Wort unter Anlegern, vor allem in den USA, viel gegeben wird.
Doch gibt es für seine Behauptung auch eine Faktengrundlage? Lässt sich seine Aussage auch für den deutschen Markt bestätigen? Ich habe mir daher die in den letzten fünf Jahren aus dem DAX-30/40 ausgeschlossenen Aktien angeschaut und ihre Performance untersucht. Es handelt sich dabei um neun Aktien:
Nicht berücksichtigt wurden alle Aktien, die den DAX-30/40 verlassen mussten, aber später wieder aufgenommen wurden. Nicht berücksichtig wurden auch solche, die nicht mehr als eigenständiges, börsennotiertes Unternehmen existieren (z. B. Wirecard). Alle analysierten Unternehmen, die den DAX-30/40 verlassen mussten, sind anschliessend in den unbedeutenderen MDAX aufgenommen worden.
Wie haben sich die Kurse entwickelt? Es zeigt sich ein heterogenes Bild, aber der Trend ist klar negativ, mit einigen Ausnahmen:
Diese Zahlen sehen jetzt nicht gerade positiv aus, insbesondere da die Periode seit Anfang 2018 insgesamt eine recht gute Performance für den DAX zeigte, allerdings mit den Einbrüchen der Corona-Periode und kurzzeitig nach Beginn des russischen Angriffskrieges. Interessant ist, dass die Performance direkt nach dem Verlassen des DAX gar nicht so schlecht ist. Im Mittel verlieren die Aktien nur 1.1% innerhalb des ersten Monats nach dem Ausscheiden aus dem Index. Doch langfristig geht es steil bergab. Im Mittel verlieren die Werte fast 11% seit ihrem Ausscheiden aus dem deutschen Blue-Chip-Index.. Interessant ist aber auch, dass knapp die Hälfte tatsächlich eine negative Performance zeigt und die andere Hälfte zumindest leicht positiv notiert.
Um einen korrekten Vergleich anzulegen, untersucht werden, wie sich die Kurse der ausgeschlossenen Firmen im Vergleich zum DAX in der Periode ab ihrem Exit verhalten haben. Und hier zeigt sich dann ein sehr klares Bild:
Sechs aus neun Werten haben den DAX in der jeweiligen Vergleichsperiode underperformed. Nur drei konnten den DAX schlagen. Hier glänzt vor allem Vitesco, die den DAX um immerhin 25.3 Prozentpunkte überflügeln konnte. Ganz schlecht sieht es dagegen für die ProSieben Sat1 AG aus, die um 100 Prozentpunkte schlechter lief als der Index, denn während der DAX in der Vergleichsperiode um 29.2% zulegen konnte, ging es bei ProSieben um über 70% nach unten. Alles in allem sieht das Bild für die Index-Exilanten der letzten fünf Jahre fast schon verheerend aus. Im Mittel verloren sie 10.8% seit ihrem Ausscheiden aus dem Index, während dieser in der jeweiligen Vergleichsperiode um über 16% zulegen konnte!
Zumindest was die deutschen Aktien des DAX betrifft, gilt also die von Seth Klarman postulierte Regel nicht: Ein Ausschluss aus dem Index ist für die Aktie meist ein sehr schlechtes Omen. Anleger sollten daher bei solchen Aktien besondere Vorsicht walten lassen. Es gibt zwar einige Ausnahmen, aber in den meisten Fällen zeigt sich, dass die Probleme, die zu einem Indexausschluss geführt haben, auch in den folgenden Monaten und Jahren fortbestehen und den Kurs erheblich belasten können.
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