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Henkel: Das harte Brot der Inflation

Am 5. Mai 2022 veröffentlichte der Henkel-Konzern seinen Bericht zum ersten Quartal. Die Schlagzeile lautete: "Henkel delivers significant organic sales growth in the first quarter". Da freut sich der Anleger ja erst einmal, oder etwa nicht? Denn was auf den ersten Blick so positiv daher kommt, war bei genauerer Betrachtung ein Zeugnis dafür, wie negativ die Inflation sich inzwischen auch auf die grössten Konzerne auswirkt.

Um das besser zu verstehen, möchte ich kurz einige Details des Zahlenwerks von Henkel näher beleuchten. Zuerst einmal muss man wissen, dass Henkel in drei grossen Geschäftsfeldern tätig ist:

  • Adhesive Technologies: Auf gut Deutsch würde man einfach Klebstoff dazu sagen. Wichtige Marken sind Pattex, Pritt, Loctite und eine ganze Reihe weiterer. Henkel ist hier weltweit die Nummer eins. In einem Auto sind typischerweise 17 kg Henkelprodukte verarbeitet. Fast das gesamte Geschäft ist Business-to-Business. Kunden sind meist Industriebetriebe.

  • Beauty Care: Produkte für die Haarpflege (z.B. Schwarzkopf) und Kosmetikprodukte (z.B. Dial) gehören zu diesem Geschäftsfeld. Abnehmer des Produktes sind meist Konsumenten.

  • Laundry & Home Care: Dazu gehören Waschmittel, Spülmittel, Reiniger und Insektenvertilger. Auch hier sind die Endkunden grösstenteils Konsumenten.

Im ersten Quartal konnte nun Adhesive Technologies um 10,7% beim Umsatz (organisch) zulegen. Beauty Care verlor 1,2% an Umsatz und Laundry & Home Care legte wiederum um 4,9% zu. Insgesamt legte der Konzern um 7,1% an organischem Umsatz zu! Interessant wird es, wenn man den Umsatzeffekt in einen Preiseffekt und Absatzeffekt (Mengeneffekt) aufspaltet. Dies stellt sich so dar:

Man sieht also sofort, dass hinter dem sehr gut klingenden Umsatzsprung von über 7% fast ausschließlich ein Preiseffekt steckt. Nur bei den Klebstoffen konnte ein kleiner zusätzlicher Mengeneffekt erreicht werden. Besonders schlecht sieht die Lage im Bereich Beauty Care aus, wo der Rückgang der Menge sogar den Preiseffekt übertrifft. Damit geht dort der Umsatz sogar insgesamt zurück. Es ist also klar ersichtlich, dass es Henkel nur bei Adhesive Technologies gelingt, Preiserhöhung erfolgreich durchzusetzen. In den beiden anderen Geschäftsfeldern kommt es teilweise zu signifikanten Mengenreduktionen.

Bei den Klebstoffen hat dieser Effekt momentan vor allem noch mit den Nachholeffekten in der Produktion zu tun, die durch die Coronakrise erzeugt wurden. In vielen Industriebetrieben läuft die Produktion auf Hochtouren, so sie nicht von Schwierigkeiten in der Lieferkette betroffen sind. Es fragt sich natürlich, wie lange dieser Effekt noch anhalten kann. Auch ist es so, dass die Produkte von Henkel in der Industrie nicht so einfach durch billigere Ersatzprodukte ersetzbar sind, da Henkel marktführend ist.

Bei den Konsumentenprodukten sieht es dagegen ganz anders aus. Gerade bei den Kosmetika gibt es keinen Nachholeffekt aus der Coronakrise. Im Gegenteil muss man hier feststellen, dass bestimmte Produkte gerade in den Zeiten des "Zuhause-Bleibens" in höherem Maße konsumiert wurden (z.B. Haarfärbemittel) und nun ein Rückgang verzeichnet wird. Die Konsumenten nehmen die Preiserhöhungen offensichtlich nicht einfach hin, sondern haben die Möglichkeit zu günstigeren Produkten zu wechseln, z. B. zu den Eigenmarken der Handelsketten. Ganz ähnlich, wenn auch nicht so ausgeprägt, sieht es bei den Waschmitteln und den anderen Haushaltsprodukten aus.

Es ist alles andere als beruhigend, wenn die Absatzmengen bei einem Konzern wie Henkel in einem Quartal um über 2% schrumpfen. Zwar berichtet Henkel im ersten Quartal nicht über die Gewinnsituation, doch es wird schnell deutlich, dass bei den Margen starke Einbrüche zu erwarten sind. Der Rückgang bei den EBIT-Margen soll (gegenüber der letzten Prognose) zwischen 2%-Punkten und 4%-Punkten liegen. Henkel erwartet einen Anstieg der Rohmaterialpreise um rund 25% für das Jahr 2022. Noch vor einem Quartal war ein Anstieg um etwa 15% erwartet worden. Im Ergebnis erwartet Henkel einen Rückgang des (bereinigten)Gewinns pro Aktie von -35% bis -15% für das Jahr 2022. Allerdings spielen hier auch noch einige andere Faktoren - wie etwa Restrukturierungskosten - eine Rolle.

Schon seit 2019 geht die bereinigte EBIT-Marge von Henkel peu a peu zurück. Noch 2018 lag sie bei 17,6%, im Jahr 2021 dann nur noch bei 13,4%. Für dieses Jahr wird dann eine bereinigte Marge von nur noch rund 10% erwartet. Wenn man die unbereinigten Zahlen anschaut, sieht es noch etwas schlechter aus und die Marge sinkt auf voraussichtlich rund 8% (Vorjahr 11%). Für einen Konsumgüterkonzern wie Henkel sind das sehr beunruhigende Zahlen.


Henkel VZ Aktie, Kursverlauf


Entsprechend schlecht sieht dann auch die Performance der Aktie aus. Seit 2017 hat sich der Kurs in etwa halbiert. Wie oben erwähnt, kommen bei Henkel einige Sonderfaktoren dazu, die zur schlechten Performance beitragen. Der starke Verfall des Kurses, der sich seit einem Jahr noch beschleunigt hat, ist aber in großen Teilen auf die Inflation zurückzuführen. Die irreführende Schlagzeile der jüngsten Quartalsmitteilung sollte daher besser lauten: "Absatzeinbruch und starker Margendruck durch Inflation". Man fragt sich manchmal schon, wem damit gedient ist, dass die IR-Abteilung eine Quartalsmitteilung mit offensichtlich schönfärberischer Überschrift herausbringt?

Mittelfristig ist auch für Henkel wenig Gutes zu erwarten, da die Inflation leider zählebiger sein wird als uns die EZB heute glauben lassen will. Der langfristig orientierte Investor darf sich aber damit trösten, dass Henkel in den über 30 Jahren zwischen 1990 und Ende 2021 eine durchschnittliche jährliche Aktienrendite von 8,2% erzielen konnte (Kursgewinne und Dividenden) und damit den DAX (7,1%) klar in den Schatten stellte.

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