Nicht nur die Berkshire-Hathaway-Aktie hat über die letzten Monate, sogar Jahre, underperformed. Viele Valuefonds wie auch Valueindizes zeigen gegenüber ihren Benchmarks und wachstumsorientierten Fonds eine signifikante Underperformance. Viele Marktbeobachter stellen daher die Frage, ob Valuestrategien auf Dauer erfolglos bleiben werden.
Historisch betrachtet gab es immer wieder längere Zeiträume, in denen Valueaktien verglichen mit dem Markt schlecht liefen. Ein Beispiel ist die grosse Depression in den 1930er Jahren. Ein anderer Zeitraum, der sicher einigen von uns noch in guter Erinnerung ist, sind die 1990er Jahre bis Ende 2000 als Dot-Com-Werte und der Nasdaq einen exzessiven Boom erlebten.
Ein interessanter Artikel auf Yahoo-Finance zeigt die möglichen Argumente für den “Tod von Value” auf:
Value ist so populär geworden, dass die Value-Prämie verschwunden ist: Vereinfacht könnte man sagen, dass Warren Buffetts grosse Popularität und sein Erfolg dazu geführt hat, dass mehr und mehr Investoren Jagd auf unterbewertete Firmen machten, was dazu führte, dass deren Kurse nach oben katapultiert wurden und die Unterbewertung schlicht nicht mehr vorhanden ist. Die Theorie sagt also: Value starb am eigenen Erfolg.
Wachstumswerte dominieren die Märkte und distanzieren konservativ agierende Valuefirmen: Firmen wie Google, Amazon, Facebook oder Apple halten angeblich eine Monopolstellung in ihren Märkten, können so überdurchschnittlich wachsen und profitabel sein. Technologie und Netzwerkeffekte zementieren die Stellung dieser Giganten. Traditionelle Branchen und Firmen stagnieren hingegen, haben keine Chance auf Wachstum.
Nicht die Valuestrategie an sich ist problematisch, sondern die Art wie Value gemessen wird: Insbesondere beim Verhältnis von Kurs zu Buchwert (KBV) kommt es zu Verzerrungen, weil viele immaterielle Vermögen wie z.B. Patente, Software usw. nicht richtig bewertet sind. Somit kommt es bei vielen Firmen zu einer krassen Unterschätzung des Buchwerts, die eigentlich in die Valuekategorie fallen sollten.
Bei näherer Betrachtung sind aber alle drei Argumentationslinien nicht stimmig. Der erste Punkt – Valueprämie ist verschwunden – mag sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen sein, allerdings würde dies ja nicht zu einer schlechteren Performance von Value führen, sondern lediglich zu einer angeglichenen Performance im Vergleich zu den breiten Marktindizes. In Anbetracht der massiven Zunahme passiv gemanagter Fonds habe ich auch so meine Zweifel, ob aktive Valuestrategie auf den Märkten tatsächlich heute eine wichtigere Rolle spielen als noch vor zehn Jahren.
Die zweite Argumentationslinie steht in direktem Widerspruch zur ersten. Denn dieser Punkt besagt, dass Valueaktien tatsächlich “unterbewertet” sind, aber dies zu Recht. Denn die Unterbewertung ist tatsächlich eine faire Bewertung, da sie keine Chance gegen Wachstumsfirmen haben. Ein Beispiel ist die traditionelle Automobilindustrie. Viele Autofirmen haben heute einen KGV von 5 bis 7. Historisch betrachtet erscheint dies sehr niedrig. Doch wenn man daran glaubt, dass zukünftig Tesla und Uber die besten Geschäfte machen und nicht mehr VW, BMW oder Toyota, dann macht diese Argumentation Sinn. Wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist angesichts der starken Marken, des Knowhows und der weltweiten Vertriebsnetze traditioneller Player möchte ich mal dahingestellt sein lassen. Persönlich halte ich dies für unwahrscheinlich. Der Artikel auf Yahoo-Finance weist auch darauf hin, dass die Konzentration der Top-Wachstumswerte in den letzten Jahren tendenziell sogar eher gesunken ist. So sank der Anteil der Top-10-Wachstumswerte an der Kapitalisierung des S&P 500 Growth Index von 18.7% auf 17.3%.
Die dritte Argumentationslinie ist die interessanteste. Gibt es tatsächlich ein Bewertungsproblem statt eines Valueproblems? In Anbetracht der massiven Veränderungen im Kapitalstock von Firmen hin zu immateriellen Vermögensgegenständen ist dies durchaus in Rechnung zu stellen. Denn die Bewertung einer Software zu Anschaffungspreisen, welche dann aber massives Wachstum generiert, ist natürlich eine Fehlbilanzierung. Insofern kann es gut möglich sein, dass viele eher technologieorientierte Firmen gemessen an ihrem KBV eigentlich eher ins Valuelager gehören. Berkshires massives Investment in die Appleaktie deutet genau in diese Richtung. Doch beantwortet eine solche Analyse trotzdem nicht die Frage, warum Werte, die eindeutig und korrekt bilanziert sind unt tatsächlich ins Valuelager gehören, über viele Jahre eine schlechte Performance aufweisen.
Meine persönliche Schlussfolgerung lautet, dass es aus heutiger Sicht sehr schwierig ist die Underperformance gut zu erklären. Alle Argumente weisen Schwächen auf. Insofern würde ich die Sterbeurkunde von Valuestrategien heute nicht unterzeichnen. Es könnte ja einfach sein, dass “this time is not different” und auf eine länger Phase der Underperformance wieder eine Phase der Overperformance folgt. So wie wir es in den letzten 100 Jahren schon öfter beobachtet haben.
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