Nachdem ich gestern schon ein Unternehmen der Tabakindustrie gelobt habe, geht es heute um eine andere bedenkliche Substanz, nämlich Alkohol in Form von Apfelkorn. Wer erinnert sich nicht an die Werbespots und Anzeigen aus den 80ern und 90ern mit freundlich-feiernden Menschen auf norddeutschen Gutshöfen, die Berentzen-Apfelkorn zusprachen? Seinerzeit ein profitables Unternehmen mit erfreulichen Renditen. Doch die alte Positionierung der Marke wurde verändert, statt “knackigem Spaß im Glas” hieß es plötzlich “World of Fine Drinks”. Unter der Marke Berentzen wurden alle möglichen “exotischen” Geschmacksrichtungen lanciert. Gleichzeitig sollte eine forcierte Internationalisierung des Geschäftes die Flaute auf den hiesigen Spirituosenmärkten umschiffen helfen. Die Strategie zeigte wenig Erfolg. 2004 wurde sogar ein erheblicher Verlust eingefahren und der Umsatz stagnierte.
Im Herbst 2006 wurde mit Axel Dahm ein neuer Vorstandschef berufen. Nicht mehr die Familie Berentzen hält seit dem die operativen Zügel in der Hand (die aber, zusammen mit einer anderen Familie, immer noch die stimmberechtigenten Stammaktien halten), sondern ein Markenprofi, der zuletzt bei Novartis für Markenführung zuständig war. Dahm hatte zuvor auch schon in den (erfolgreicheren) 90er-Jahren eine Position im Marketing bei Berentzen inne.
Mit Dahm (und weiteren neuen Vorständen) steht jetzt eine strategische Neuorientierung an. Berentzen will zukünftig den alten Markenkern wieder füllen und sich wieder traditioneller positionieren. Das Marketingbudget wird im laufenden Jahr kräftig angehoben. Die Konzentration soll auf dem Heimmarkt Deutschland liegen. Das alte Motto mit “Spass im Glas” kommt wieder zum Zug. Für 2007 (und auch 2008) dämpft der neue CEO die Erwartungen der Investoren und kündigt Verluste an. Danach sollen Marktanteilsgewinne und daraus foglendes Umsatzwachstum die erhöhten Kosten deutlich übersteigen und zurück zu nachhaltiger Profitabilität führen.
Attraktiv an den Berentzen-Vorzügen ist der hohe Buchwert von über 8,50 € pro Aktie , der den Marktwert derzeit deutlich übersteigt. Gleichzeitig zeigt die Bilanz eine gesunde Struktur mit einer Eigenkapital-Quote von kapp 45%. Ein Risiko besteht darin, dass die neue Strategie möglicherweise nicht die Umsatzwende bringt, da Marktanteile in einem stagnierenden, von Disountern beherrschten, Spirituosenmarkt nur schwer zu gewinnen sind. Unter strategischen Gesichtspunkten schlägt die neue Unternehmensführung von Berentzen aber einen erfolgversprechenden Weg ein.
Hinweis: Der Autor hält eine Position in Berentzen. Dieser Beitrag stellt keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar.
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