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P-Hacking oder wie man Investment-Research manipuliert

Heute berichtet die Financial Times über “The hidden ‘replication crisis’ in finance”. Professor Campbell Harvey (Duke University) wirft der Finanzbranche vor, dass ein grosser Teil der Research zum Thema “Alpha-Strategien” manipuliert ist.

Bei so genannten Alpha-Strategien handelt es sich um Strategien, die mittels eines bestimmten Faktors (bekannt sind z.B. Value oder Growth) eine bessere Performance als der Vergleichsindex erzielen (ohne das Risiko zu erhöhen). Professor Harvey hat dazu auch ein Forschungspapier verfasst, das die wesentlichen Methoden der Manipulation aufzählt:

  1. Cherry-Picking von Faktoren: Man testet möglichst viele Faktoren und findet dabei immer welche die “signifikant” eine Überrendite erzielen. In der Ergebnisdarstellung zeigt man nur die Faktoren, die “erfolgreich” sind und verschweigt die grosse Anzahl nicht-signifikanter Faktoren. Man nennt diese Technik auch Data-Mining.

  2. Man “massiert” die Daten solange, bis ein gewünschtes Ergebnis erzielt wird: Man kann z.B. den Zeitraum verändern oder man kann “Outlier” ausschliessen. Dann berechnet man jeweils neu, ob sich ein signifikantes Ergebnis ergibt.

  3. Man wechselt die statistische Methode: Es gibt eine Vielzahl von Methoden, von Korrelation, Regression bis hin zur Faktoranalyse, die man nutzen kann. Man ist so in der Lage, die Methode solange zu variieren, bis wiederum etwas von Interesse herauskommt.

All das läuft unter dem Stichwort “p-hacking”, weil es darum geht, Ergebnisse zu präsentieren, die als statistisch signifikant gelten. Eine Masszahl dafür ist der “p-Wert“, welcher vereinfacht gesagt angibt, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmtes Ergebnis tatsächlich nur rein zufällig entstanden ist. Je niedriger ein p-Wert ist, desto besser für die angenommene Hypothese. Oft gilt ein p-Wert unter dem Level von 5% (oder 0.05) als signifikant.

Wie oben dargestellt, gibt es nun verschiedene Methoden, den p-Wert zu manipulieren, bzw. diesen niedrig zu halten. Eine Beurteilung der Qualität einer statistischen Studie ist nur möglich, wenn man weiss, wie viele Faktoren tatsächlich getestet wurden und ob die Daten in irgendeiner Form manipuliert wurden. Professor Harvey hat nachgezählt: Über 90% der Papers, die eine Investmentstrategie testen, finden positive statistische Evidenz für eine Überrendite. Er zählt mehr als 400 Faktoren, die – laut den Forschungspapers – tatsächlich Alpha generieren. Ein Ding der Unmöglichkeit.

Doch warum ist das so? Harvey sieht falsche Anreizstrukturen am Werk. Papers, die eine Strategie finden, werden ungleich häufiger zitiert als Papers, die Strategien falsifizieren. Die Finanzbranche ist gierig auf neue Strategien, die höhere Renditen und weniger Risiko versprechen. Schnell wird einmal das Ergebnis einer statistischen Analyse in einen neuen ETF umgessetzt und mit grossem Marketinggetrommel unter die Anleger gebracht. Ein paar Jahre später wird der ETF still und heimlich eingestellt, weil die Überrendite ausblieb. Doch bis dahin haben die Anleger schon ordentlich Gebühren an die Fondsgesellschaft bezahlt.

Wer also das nächste mal von einem neuen Faktor hört, der den Anlegern (wieder einmal) das Blaue vom Himmel verspricht, der sollte ganz genau hinschauen und die Statistik unter die Lupe nehmen, auf der die Strategie basiert.

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