Zertifikate machen seit einiger Zeit Schlagzeilen: Es heißt etwa, dass mit geringerem Risiko die Performance von Aktien erreicht werden kann. Beliebt sind dabei v.a. Discount-Zertifikate oder auch Bonus-Zertifikate. Auch wenn inzwischen viele Banken und Vermögensverwalter Zertifikate anpreisen (noch vor einiger Zeit wurden diese gemieden und stattdessen teure Fonds verkauft), muss sich der Anleger doch über die spezifischen Vor- und Nachteile im klaren sein.
An einem konkreten Beispiel wollen wir den Vergleich machen: Nehmen wir z.B. ein “typisches” kürzlich ausgegebenes Bonuszertifikat auf den Eurostoxx 50 von HSBC Trinkhaus (WKN TB0UNN). Dieses notiert heute bei einem Kurs von 44,25 €. Am Verfallstag in fast genau drei Jahren (Juni 2010) werden dem Anleger 53 € ausgezahlt, sollte der Aktienindex Eurostoxx 50 bis dahin niemals unter 2900 Punkte sinken. Beim heutigen Stand von 4480 Punkten ist dies ein Sicherheitsabstand von immerhin 35%! Sollte der Eurostoxx bis zum Verfallsdatum in drei Jahren über 5300 Punkten liegen, partizipiert der Anleger und bekommt einen Auszahlungsbetrag im Verhältnis von 1:100 zum Index (also bei z.B. 6000 Punkten sind es 60 €). Das hört sich erstmal nach einem wirklich guten Deal an: Denn die sogenannte “Bonusrendite” (also der Mindestauszahlungsbetrag wenn die Sicherheitsschwelle nicht unterschritten wird) liegt – auf eine jährliche Rendite umgerechnet – bei immerhin 6,3% (Bankgebühren nicht berücksichtigt). Ausserdem besteht ja noch die Extrachance auf weitere Gewinne, sollte der Index über die 5300 Punkte steigen.
Doch Vorsicht! Die Bank finanziert dieses Produkt, in dem sie die Aktiendividenden einstreicht (ca. 2%-3% pro Jahr) und davon die Absicherung mittels einer Option bezahlt. Denn der Eurostoxx50 ist ein Kursindex und berücksichtigt keine Dividendenauszahlungen. Der Anleger verzichtet also auf potenzielle Zugewinne, um mehr Sicherheit zu erhalten. Dies kann ein durchaus sinnvolles Verhalten sein: Z.B. für Anleger, die ihr Geld nur über einen bestimmten Zeitraum relativ sicher anlegen wollen. Für den langfristig orientierten Anleger geht die Rechnung aber nicht auf. Nehmen wir an Anleger Schmidt legt 20 Jahre lang einen Anfangsbetrag von 1000 € in Bonuszertifikaten mit Ausstattungsmerkmalen wie oben gezeigt an und kann in der Regel die Bonusrendite einstreichen. Anleger Müller dagegen legt über 20 Jahre den selben Betrag in einem Aktienfonds an, der den Eurostoxx50 plus Dividenden abbildet. Langfristig ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass Anleger Schmidt circa 6% durchschnittliche Rendite einstreicht während Anleger Müller inkl. wiederangelegte Dividenden etwa auf 8% kommt. Nach 20 Jahren kann Müller 4660 € sein Eigen nennen, während Schmidt nur auf 3200 € kommt (Steuereffekte und Bankgebühren bleiben unberücksichtigt, die wahrscheinlich auch noch Schmidt höher belasten würden, da er ja alle paar Jahre neue Bonuszertifkate kaufen muss während Müller einfach im Fonds investiert bleibt).
Die Rechnung zeigt, dass langfristig Zertifikate Aktien als Anlageklasse kaum schlagen können. Die kurzfristig höhere Sicherheit bezahlt der Anleger mit deutlichen Performanceverlusten. So sollten Zertifikate also nur dann zum Einsatz kommen, wenn das Geld über kurze bis mittlere Zeiträume angelegt wird. Von daher sind Zertifikate wahrscheinlich häufig nicht die besseren Aktien sondern eher die besseren Rentenpapiere.
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