Josef Bossi von State Street Advisors argumentiert heute in der NZZ, dass Leerverkäufe die Performance eines Portfolios, um 4%-7% gegenüber der Performance eines (passiven) Vergleichsindex verbessern kann. Leerverkäufe auch “Short Selling” genannt bezeichnet eine Strategie, die auf fallende Werte bei Aktien setzt. Technisch funktioniert dies so, dass Aktien, von denen man erwartet dass sie fallen, ausgeliehen und verkauft werden. Nach Ablauf der Leihfrist werden sie im Markt zu niedrigeren Preisen zurückgekauft und die Differenz eingestrichen. Sollte die geliehene Aktie aber steigen entstehen Verluste. Nach deutschem Börsenrecht sind solche Transaktionen verboten.
Gerne argumentieren Hedge-Fonds-Manager und Portfoliotheoretiker, dass das Verhältnis von Risiko und Rendite verbessert würde, wenn man in einem Portfolio einen Anteil von leerverkauften Aktien hält, da man eben auch bei fallenden Märkten profitiert (marktneutrale Auftstellung). Bossi argumentiert in der NZZ, dass ein Anteil von rund 30% Short-Positionen in einem Portfolio ideal sei (plus 100% “normale” Long-Positionen, die zum Teil kreditfinanziert werden müssen, da man ja über 100% der Allokation liegt).
Es bleibt allerdings unklar, wie der Autor zu seinen gewagten Schlußfolgerungen kommt. Auch seine Aussage, dass ein normales, aktiv gemanagtes Portfolio den Vergleichsindex in der Regel um 2%-5% schlägt, hat nichts mit der Realität zu tun, wenn man weiß, dass 90% der aktiv gemagten Fondsportfolio schlechter als der Vergleichsindex liegen (was im wesentlichen an den hohen Gebühren liegt, die sich Fondsmanager genehmigen). Dass Leerverkäufe zu weiterer Performance-Verbesserung führen, gehört ins Reich der Mythen und Sagen mathematischer Backtesting-Modelle als in die Realität der Finanzmärkte (gerade die Hausse der letzten Jahre hat bei den meisten Short-Sellern zu einer grauenhaften Performance geführt). Man möchte der NZZ das klassische Zitat von Peter Lynch zum Thema Short-Selling entgegen halten:
“Among all the folk tales of successful short sellers are the horror stories of shorters who watched their helplessly as their favorite lousy stock soared higher and higher, against all reason and logic, forcing them into the poorhouse.”
Man sollte eines nie vergessen: der normale Long-Anleger kann seinen gesamten Einsatz verlieren, der Short-Seller kann unendlich viel verlieren, da der Aktienwert nach oben unbegrenzt ist. Um das zu verstehen, braucht man nicht einmal komplizierte Modellsimulationen.
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