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Volatilität, Panik und langfristiges Denken

Es scheint als ob der lange Bullenmarkt, der im Kern seit 2009 die meisten Aktienmärkte nach oben getrieben hat, seinen Rückzug (zumindest) temporär angetreten hat. Der NASDAQ hat seit Jahresbeginn 2022 rund 26% verloren, der MSCI World fast 18% und der DAX liegt immerhin 13,5% im Minus. Unabhängig davon, ob ein Anleger der Meinung ist, dass diese Verluste nur temporären Gründen geschuldet sind, etwa dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, oder langfristigere Ursachen hat, wie bspw. eine strukturelle Überbewertung insbesondere von Wachstumswerten, sind diese Schwankungen für die meisten Investoren unangenehm. Viele Anleger, und vielleicht gerade die, die erst vor wenigen Monaten oder Jahren angefangen haben zu investieren, bekommen in solchen Situationen Zweifel und denken über den Ausstieg nach. Manche bekommen nicht nur Zweifel, sondern regelrecht Panik.

Doch starke Einbrüche der Börse, die auch über Jahre anhalten konnten, sind für den langfristig orientierten Anleger nichts neues. Im September 2000 stand der DAX bei 8.070 Punkten und fiel dann im Zuge des Platzens der Dot-com-Bubble auf 2.204. Ein Minus von sage und schreibe 72,7%. Dieser Tiefpunkt wurde im Jahr 2003 erreicht und war nichts weniger als eine Kapitulation der Anleger. In den folgenden Jahren erholte sich der Markt wieder und der DAX konnte 2007 ein Jahreshoch von 8.102 Punkten erreichen, um dann im Zuge der Subprime-Krise nochmals einzubrechen. Diesmal lag der Tiefstand bei 3.666 Punkten und wurde im Frühjahr 2009 erreicht. Aber nicht nur der deutsche DAX war von diesem Bärenmarkt betroffen; weltweit zeigten die Märkte die gleichen Muster.

Seit Herbst 2000 hatten damals die Anleger nur wenig Freude an Aktien gehabt. Die Schwankungen (Volatilität) waren riesig und die Verluste in den Portfolios konnten über viele Jahre nicht ausgeglichen werden. Wer z.B. im Herbst 2000 in den deutschen Markt investiert hatte, konnte erst Ende des Jahres 2013 von sich behaupten, dauerhaft die roten Zahlen hinter sich gelassen zu haben (Jahresendstand DAX 5.989 Punkte). Doch auch das war kein Grund zu guter Laune, sondern eher zur Verzweiflung, da man über 13 Jahre praktisch eine Nullrendite erzielt hatte..

Doch schaut man sich längere Zeiträume an den Aktienmärkten an, kann Entwarnung gegeben werden: Selbst bei sehr ungünstigen Einstiegszeitpunkten, kann der Investor langfristig mit einer positiven Rendite rechnen.

Es zeigt sich, dass bei der Anlage in Aktien das Risiko sinkt, wenn der Anlagehorizont des Investors steigt. Je langfristiger ein Anleger in Aktien investiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er mit einer positiven Rendite rechnen kann. Von 1990 bis 2021 zeigte der DAX in 9 einzelnen Jahren eine negative Jahresrendite. Der maximale Verlust eines Jahres lag bei über 40 % (2002 und 2008). Betrachtet man nun alle Fünfjahreszeiträume 1990 (also z. B. den Zeitraum 1990–1994, 1991–1995 usw.), dann gibt es hier nur noch 6 Perioden mit negativer Rendite. Erhöht man die Zeitspanne auf 10 Jahre, dann verringert sich die Zahl auf 2 Perioden mit negativer Rendite. Professor Jeremy Siegel analysierte für die USA die Daten seit 1802 (Siegel, Jeremy: Langfristig investieren. Warum langfristige Aktienstrategien funktionieren) und fand heraus, dass es in diesen über 200 Jahren keinen einzigen 20-Jahres-Zyklus mit einer negativen realen (bereinigt um Inflation) Rendite für den US-Aktienindex gab – nicht einmal während der langen und tiefen Weltwirtschaftskrise ab 1929.



Quelle: Jeremy Siegel, Stocks for the Long Run


Ja, langfristig betrachtet, kann keine andere Anlageklasse Aktien schlagen. Die Grafik oben zeigt dies eindrucksvoll für einen US-Dollar, der 1802 in verschiedene Anlageklassen investiert wurde. Der Zeithorizont geht hier bis 2012, setzte sich aber in den folgenden Jahren bis heute weiter fort.

Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass Aktien, über lange Zeiträume betrachtet, ein sehr geringes Verlustrisiko tragen; ganz im Gegensatz zu einigen anderen Anlageklassen, wie z. B. Bargeld oder Anleihen, die gerade in Perioden mit höherer Inflation auch langfristig real negativ rentierten. Aktien als Anlageklasse sind langfristig ein sehr sicheres Anlageinstrument, aber die Unterschiede zwischen den Unternehmen sind enorm. Das heißt, dass Aktien als "Anlageklasse" (also kollektiv betrachtet) langfristig ein risikoarmes Investment sind. Doch einzelne Werte tragen durchaus auch das Risiko eines Totalverlustes (man denke nur an Wirecard, wenn man in die jüngste Vergangenheit schaut). Es kommt also darauf an, beim Zusammenstellen des eigenen Portfolios auf eine Auswahl von Aktien zu achten, die als Gruppe ein geringes Risiko tragen. Hier kommt man zu der Frage, ob man am besten in einen sogenannten passiven Marktindex investieren sollte (und wenn ja, in welchen) oder ob es Möglichkeiten gibt, ein eigenes Portfolio erfolgreich "aktiv" zusammenzustellen. Doch das ist das Thema für (viele) weitere Posts in der Zukunft.

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