Niemand hat eine magische Kristallkugel im Anlagegeschäft, auch wenn einige Fondsmanager und Investoren das Gegenteil behaupten. Doch jeder Investor muss daran interessiert sein, die zukünftigen Renditen seiner (möglichen) Anlagen in etwa zu verstehen. Aber ist das überhaupt möglich? Jeder weiss, dass Anlagen – und gerade Aktien – über lange Perioden über- oder unterbewertet sein können. Oftmals ist es erst rückblickend möglich zu sagen, wann eine Anlageklasse viel zu hoch oder viel zu niedrig notiert hat.
Die Investmentfirma Research Affiliates hat ein interessantes Tool entwickelt, das die Renditen für eine Vielzahl verschiedener Anlageklassen über die nächsten 10 Jahre abschätzt. Man kann sich nominale oder reale Renditen und die Volatilität sowie
verschiedene Währungen anzeigen lassen. Derzeit stehen z.B. die Emerging Markets (Equity) bei den erwarteten Renditen ganz oben mit fast 8% p.a. während Euro Bonds ganz unten rangieren und eine negative Rendite bieten werden. Europäische Aktien können sich recht gut schlagen und zeigen eine deutlich höhere erwartete Rendite als z.B. US Large Caps.
Auf welcher Methode beruht die Vorhersage der Renditen? Die grundlegende Formel, um die Rendite eines Vermögenswertes zu berechnen ist die Summe der Wertveränderungen des Assets plus alle Cashflows, die über die fragliche Periode erzielt werden. Oder anders ausgedrückt (für eine Periode):
Ausgehend von dieser Formel kann man die Rendite eines Investments in drei Komponenten zerlegen: Yield (Ertrag z.B. Dividende, Miete etc.), Wachstum des Ertrags, und Bewertungsveränderung des Assets
Basierend auf dieser Grundformel wird nun jede der Komponenten für die Zukunft abgeschätzt. Doch welche Daten gehen in diese Schätzung ein? Research Affiliates machen das so:
Adding more terms to our expected return model requires us to generate a forecasting model for each. In addition to dividend yield at each point in time, we use the long-term growth in real earnings per share to forecast cash flow growth, and the reversion in the Shiller P/E multiple for expected changes in the cash flow multiple. For expected returns, because the return from inflation is lost due to reduced purchasing power, we prefer to focus on expectations of return, net of inflation. The Gordon Growth Model focuses on a constant-future-yield framework and only includes yield and growth as drivers of future return. Whereas the industry continues to debate the efficacy of Shiller P/E reversion, we at Research Affiliates firmly believe in mean reversion in asset prices (Brightman, Masturzo, and Treussard, 2014), although we acknowledge it to be tricky to accurately forecast.
Es wird also abgeschätzt, wie sich die Dividende entwickeln wird (growth factor) und wie sich das Cash Flow Multiple zukünftig entwickelt. Basierend auf dem so genannten Shiller P/E, kann man ableiten, wie sich zukünftige Bewertungsveränderungen vollziehen werden. Grundgedanke ist hier, dass sich langfristig der Shiller P/E wieder seinem historischen Durchschnittswert annähern muss. Da also bspw. momentan der Shiller P/E 76% über dem historischen Schnitt liegt, muss man erwarten, dass zukünftig eine Kontraktion des P/E (KGV) stattfindet und entsprechend die Aktienbewertungen fallen.
Das ganze hört sich jetzt ziemlich trocken und theoretisch an. Doch die praktischen Konsequenzen sind klar: Bestimmte Anlageklassen werden zukünftig – und das bedeutet wirklich langfristig – nicht sehr gut rentieren (es sei denn lang geltende Gesetze der Finanzmärkte treten ausser Kraft).
Die Grafik zeigt, dass tatsächliche und erwartete Aktienrenditen über 10 Jahre rollierende Zeiträume auch halbwegs gut übereinstimmen. Sehr schön ist zu sehen, wie es in der realen (gegenüber der prognostizierten Welt) immer wieder zu Übertreibungen nach oben und unten kommt. Ein typisches Verhalten der Märkte, was von Warren Buffett auch immer wieder thematisiert wird.
Als Valueinvestor kann man hier auf jeden Fall mitnehmen, dass es absolut Sinn macht die Suche von Aktienschnäppchen vornehmlich auf solche Anlageklassen bzw. Aktientypen zu konzentrieren, deren expected return eher hoch liegt. Das sind natürlich jene Werte, die derzeit alles andere als “hot stocks” sind. Dass es solche Marktsegmente nach wie vor gibt, zeigt die Analyse von Research Affiliates sehr gut.
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